Sanftes Plätschern ertönt, als Tee in eine kleine Schale fliesst. Tanzend
steigt der Dampf auf. Mit beiden Händen wird das Gefäss umschlossen,
worauf Wärme die Finger durchströmt. Näher ans Gesicht geführt,
umschmeichelt der Dampf die Haut, die zu prickeln beginnt. Der frische
Duft des Tees steigt in die Nase. Mit einem tiefen Atemzug wird er inhaliert
und ein erstes Gefühl von Entspannung und Wohlbefinden breitet sich im
ganzen Körper aus. Die Schale wird langsam zum Mund geführt. Der Tee
benetzt die Lippen und mit einem lauten Schlürfen, um Dankbarkeit zu
vermitteln, wird er aufgenommen. Die warme Flüssigkeit gleitet über jede
Knospe der Zunge und entfaltet sein vielseitiges Aroma. Ein Geschmack
von Frische, Leichtigkeit und innerer Ruhe. Ein Geschmack, der eine
Erinnerung an etwas längst Vergangenes hervorruft und ein Gefühl von
Glückseligkeit mit sich bringt.
Tee und Liebe gehören zueinander
Tee ist so viel mehr als nur ein Heilmittel. Eine perfekte Tasse Tee, hervorgebracht auf künstlerische Weise, ist eine kleine genussvolle Kostbarkeit. Und doch ist es nicht die Aufgabe des Tees perfekt zu sein. Die Teekultur betet förmlich die Unvollkommenheit an. So heisst es, die Aufgabe des Teeismus sei es, die Anbetung des Schönen unter den schmutzigen Gegebenheiten des täglichen Lebens. Eine Metapher, die ebenfalls für die Liebe zwischen zwei Menschen gelten kann. Denn auch in schweren Zeiten sollte man sich immer die schönen Eigenschaften des Lebensgefährten vor Augen halten. Ein entscheidender Einfluss auf den Weg, welche die Liebe nehmen wird.
In der Zubereitung einer vorzüglichen Tasse Tee steckt viel Hingabe, Achtsamkeit und Leidenschaft. Komponente die man auch in die Beziehung stecken sollte.
In vielen Zeremonien widerspiegelt es die Nächstenliebe zwischen der Person, die den Tee zubereitet hat und der dem er serviert wird.
In China ist Tee an Hochzeiten ein gerne gesehener Gast
Das Land der aufgehenden Sonne besitzt eine reiche Kultur an Bräuchen rund um den Tee, die Jahrhunderte zurückgehen und oft einen emotionaleren Wert haben, als es zuerst den Anschein vermachen mag. Ganz deutlich ist dies besonders in der traditionell chinesischen Hochzeitsteezeremonie zu erkennen. Gemeinsam kniet sich das Brautpaar während des Rituals vor einem der beiden Elternpaare nieder, die Braut vor der (Schwieger)mutter und der Bräutigam vor dem (Schwieger)vater. Ihnen wird ein Tablet mit jeweils vier Porzellantassen von einer Frau des Glücks hingehalten. Die Frau des Glücks ist meistens eine Person aus der Verwandtschaft, welche das beste Beispiel einer Ehe widerspiegelt, da sie selbst entweder mit einem langen, glücklichen Bund fürs Leben oder mit einer Vielzahl von Kindern gesegnet ist.
Der Bräutigam nimmt die erste Tasse mit beiden Händen, neigt darbietend den Kopf und überreicht sie seinem Gegenüber, worauf es die Braut ihm gleichtut. Dieser Vorgang wiederholt sich, jedoch serviert nun der Bräutigam dem weiblichen und die Braut dem männlichen Elternteil eine Tasse.
Die Übergabe von Tee ist eine Geste des Respekts und der Wertschätzung. Gleichzeitig sagen die Brautleute damit ihren Schwiegereltern Danke für die Liebe und Fürsorge, mit der sie ihren frisch angetrauten Lebensgefährten aufgezogen haben.
Daraufhin folgen Glückwünsche und Geschenke des Elternpaares. Letztere
oft in Form von Geldgeschenken in roten Umschlägen – Rot, weil es in
China die Farbe des Glücks, der Zufriedenheit und der positiven Energie ist – und Goldschmuck, welche meistens Erbstücke sind und als Zeichen
dafür stehen, dass der Partner nun offiziell zur Familie gehört.
Diese traditionelle Art von Teegenuss bringt nicht nur zwei Familien zusammen und macht sie zu Verwandten, sondern symbolisiert Reinheit,
Stabilität und Fruchtbarkeit, welche den Neuvermählten dazu verhelfen soll, dass ihre Liebe stark und glücklich verläuft.
Der innigere Genuss von Tee
Im Unterschied zur chinesischen Hochzeitsteezeremonie, welche sich an striktere Richtlinien zu halten hat, liegt der Fokus beim Ritual rund um den Tee bei einer freien Zeremonie ganz woanders. Meistens ist es so, dass nur
das Brautpaar selbst sich dem Genuss des Tees widmen darf. So liegt Aufmerksamkeit fast vollkommen auf der Person gegenüber, denn wenn sich die Blicke treffen, während jeder an seiner Schale Tee nippt, entsteht ein ganz wundervoller, magischer Augenblick, der intim ist und nur den Liebenden allein gehört.
Der ganze Ablauf der Zeremonie wird von einem/einer freien Trauredner: in geführt, welche so gesehen die Position der Mann/Frau des Glücks einnimmt und ebenso die Segenswünsche spricht. Zuerst wird ein «bitterer» Tee ausgeschenkt. Bitter wie das Leben oder die schlechten Zeiten, welche die Liebenden gemeinsam überwunden haben.
Hierfür kann eine natürliche Grünteesorte, wie japanischer Sencha oder chinesischer Gunpowder gewählt werden. Auch Infusionen – Teesorten, die nicht von der Teepflanze Camellia Sinensis stammen – wie Wermut, Ingwer, Anis oder Löwenzahn haben einen naturbelassenen bitteren Geschmack.
Danach folgt eine Tasse «süssen» Tee. Süss wie die Liebe oder die schönen Zeiten, welche das Brautpaar gemeinsam erlebt haben. Eine natürliche, zarte Süsse ist in einigen Oolong-Teesorten zu finden, da oft eine blumige
oder fruchtige Note hinzugefügt wurde. Viele Früchte- und Kräutertees
besitzen ebenfalls eine natürliche Süsse, wie z.B Apfel oder Kamille. Verfeinert mit Honig, Vanille oder Zucker kann die Süsse noch intensiviert werden.
Vielleicht wollt ihr noch eine dritte Tasse Tee mit in diese Zeremonie einbeziehen? Eine dritte Teesorte zum Nachdenken, zum Erinnern.
Eine, die ihr bei eurem allerersten Date gemeinsam getrunken und die den Beginn eurer neuen Verbindung besiegelt hat. Vielleicht war Tee auch der Auslöser, dass sich eure Wege überhaupt gekreuzt haben. Oder vielleicht
war er gegenwärtig, als ihr einen eurer schönsten Momente zelebriert habt.
Ein solches Ritual lässt viel Raum für die eigenen Vorstellungen und Wünsche offen. Sei es durch die Wahl des Teegefässes oder die Wahl der Sorte. Möchte man die Hochzeitsgäste dennoch mit einbeziehen, wird auch das möglich sein, denn Teetrinken verbindet. Und so wird auch den Gästen einen Moment der inneren Einkehr geboten.
Persönliche Teeempfehlungen
Traditionelle chinesische Teesorten
- Tie Guan Yin (Göttin der Barmherzigkeit)
Ein Oolong Tee, der vom Aroma her sehr intensiv würzig mit einer
frisch fruchtigen Note ist und der ein langanhaltendes warmes
Gefühl im Inneren hinterlässt. - Jin Jun Mei (Goldene Augenbraue)
Ein Schwarztee, der nicht nur den Geschmackssinn reich beschenkt.
Wer gerne Bier trinkt, wird die malzige, herbe Sorte mit einer zarten
Honignote sicherlich mögen. - Pu Erh Tee
Eine der ältesten Teesorten Chinas, welcher Yin und Yang wieder ins
Gleichgewicht bringt. Sein erdiger, aber auch etwas süsslicher
Geschmack, der dem Geruch frischer Waldluft nach dem Regen
gleichkommt.
Romantische Teesorten
- Oolong Rose
Wird dem Oolong (übers.: schwarzer Drache) Rosenblütenblättern
und Rosenöl beigefügt, veredelt dies sein Aroma. Diese exquisite
Teesorte besitzt einen frischen, vollmundigen Geschmack, welcher
weder süss noch bitter ist. - Kirschblüten Grüntee
Japans Blume der Liebe ist keine andere als die Kirschblüte und
vereint mit Grüntee ergibt sich ein leicht süsslicher, fruchtiger
Geschmack, der an Fruchtgummis und andere Süssigkeiten erinnert. - Dark Cocoa Blend
Schokolade ist bekanntlich einer der romantischsten Leckerbissen
und wird sie in Kombination mit schwarzem Tee zu sich genommen,
kommt es zu einem einzigartigen Geschmackserlebnis. Ein Elixier,
welches die Liebeshormone erweckt.
Geschmackvolle Teesorten fürs Auge
- Butterfly Pea Flower
Diese Sorte könnte einem magischen Zaubertrank ähneln, denn dieser Tee ist kobaltblau. Er besitz eine leicht erdige, blumige Note und wird ihm Zitronensaft beigefügt, werden die Geschmacksnuancen nicht nur erweitert, sondern der Tee verfärbt sich purpur. Ein echter Hingucker, wenn er aus durchsichtigen Kelchen getrunken wird. - Jasmin Fortune Flower
Optisch ein sehr schöner Anblick, wenn die «Teerose» sich im heissen Wasser entfaltet und der Duft von Jasmin in die Nase steigt. Der Name der Fortune Flower rührt daher, dass wenn man in China jemanden einen solchen Tee angeboten hat, es ein Zeichen von Hochachtung ist und man ihm/ihr nur das Beste für die Zukunft - Yin Zhen (Silbernadel)
Ein weisser Tee von exzellenter Qualität, dementsprechend einer der teuersten Sorten. Je länger man die «silbrigen Nadeln» im heissen Wasser ziehen lässt, desto intensiver, entfaltet sich das finessenreiche, langanhaltendes Aroma, welches an frisches Heu und Lindenblüten denken lässt.
Teezeremonien sind ein schönes und zurzeit noch ein eher aussergewöhnliches Ritual für eine freie Trauung, zumindest hier in Europa. Für Teeliebhaber und für solche, die noch nach einem nicht klischeehaften Hochzeitsbrauch suchen, werden dadurch sicherlich einen unvergesslichen Moment geniessen können. Denn Tee ist wie die Liebe ein Geschenk. Ein Geschenk, welches zuerst nicht den Anschein macht, eines zu sein und man erst mit der Zeit versteht, was für eine Besonderheit es ist.
